Dienstag, 11. November 2014



Freihandelsabkommen bedroht nicht nur unser Land und unsere Demokratie, sondern auch ganz konkret Kommunen wie Döbeln


7.11.2014. Auf der Stadtratsitzung am 6.11.2014 hielt ich meine erste (recht kurze) Rede. Ich klärte die anwesenden Stadträte und Vertreter der Stadtverwaltung über den bevorstehenden Vertragsabschluß der „Transatlantischen Handels- und  Investitionspartnerschaft“ (TTIP) auf. Das ist ein Freihandelsabkommen, dass die EU demnächst mit den USA abschließen möchte und das auch Auswirkungen auf unsere Kommune haben dürfte. Denn TTIP und das ähnlich geartete Dienstleistungsabkommen TISA werden Einfluß haben auf Dienstleistungen von Kommunen, Ausschreibungsverfahren und auf das Wettbewerbs-, Beihilfen und Vergaberecht.

So schränken die Investitionsschutzklauseln des TTIP den Handlungsspielraum der Kommune ein, weil sie Schadensersatzansprüche von Investoren befürchten müssen.
Weitere Informationen dazu hier: http://stop-ttip.org/de/

Die komplette Daseinsfürsorge (z.B. Pflegeheim Technitz) oder die Wasserver- und Abwasserentsorgung können davon betroffen sein.  TTIP und TISA enthalten Liberalisierungszwänge, die festlegen, was privatisiert werden muß und was nicht. Ist z.B. ein Wasserwerk in private Hand übergegangen, darf es nach den Regeln dieser Abkommen nicht wieder städtisch werden, sondern nur weiter verschachert werden an andere Investoren.

Die Versorgung mit Trinkwasser ist aber ein Grundrecht und gehört nicht in die Hände privater Konzerne, die damit profitorientiert arbeiten. Als London vor einigen Jahren seine Wasserversorgung privatisierte, zog der neue Eigentümer nur Profite aus dem Verkauf und investierte nichts in den Erhalt des Leitungsnetzes. Die Stadt London war durch ihr völlig marodes Leitungsnetz die Stadt mit den höchsten Trinkwasserverlusten in Europa (laut ARD-„Weltspiegel“), die Preise für die Verbraucher hingegen stiegen an. Vor derartigen Zuständen möchte ich die Döbelnerinnen und Döbelner schützen.

Verschiedene Städte in Deutschland wie Magdeburg, Potsdam, Erfurt, Braunschweig, Fürth und Kassel haben bereits Beschlüsse darüber gefasst, dass sie das TTIP ablehnen. In der Linksfraktion hatten wir bereits darüber schon gesprochen.

Ich fragte, ob sich die Stadt Döbeln bereits mit den Auswirkungen des Abkommens beschäftigt hat. Falls dies nicht der Fall sei, so schlug ich vor, sollte sich von jeder Fraktion eine(r) finden, die eine gemeinsame „Arbeitsgruppe“ bilden und sich über das Abkommen informieren und in Erfahrung bringen, ob und wie stark Döbeln betroffen sein würde.

Ich hatte den Eindruck, dass etliche Stadträte davon bisher noch gar nichts gehört hatten. Sie waren aber offensichtlich sehr dankbar, dass jemand dies angesprochen hatte und es gab sogar Applaus von der CDU.
Oberbürgermeister Egerer will den Städtetag zu dem Thema befragen und in Erfahrung bringen, ob es schon verbindliche Informationen über Chancen und Risiken des TTIP für Kommunen gibt.

Bemerkenswert an der Stadtratssitzung war noch, dass eine Variantenuntersuchung über Neubau und Sanierung der Grundschule in Döbeln Ost (ehem. Wilhelm-Pieck-Schule) durch ein Planungsbüro aus dem Riesaer Raum vorgestellt wurde. Dabei wurden die Kosten, Vorteile und Nachteile von Abriß + Neubau, Erhalt des Gebäudes + Sanierung sowie eines Neubaus in Modulbauweise untersucht. Ich konnte mich des Eindruckes nicht erwehren, dass die verantwortliche Mitarbeiterin des Planungsbüros, die den Entwurf vorstellte, gezielt versuchte, den Stadträten einen Neubau schmackhaft zu machen und die Möglichkeit der Sanierung bei  Seite schob, obwohl diese um einiges billiger wäre.

Kay Hanisch

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